Rachmaninoff: The Piano Concertos & Paganini Rhapsody

Rachmaninoff: The Piano Concertos & Paganini Rhapsody

Für die Feier des 150. Geburtstages von Sergei Rachmaninow kann es kaum einen schöneren Ort als Los Angeles geben, die Stadt, in der der Komponist selbst einst lebte. An zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden im Februar 2023 spielte Yuja Wang mit dem Los Angeles Philharmonic unter der Leitung von Gustavo Dudamel alle vier Klavierkonzerte sowie die „Rhapsodie über ein Thema von Paganini“ vor ausverkauftem Haus in der Walt Disney Concert Hall ein. „Manche Pianist:innen führen die kompletten Sonaten auf. Aber die kompletten Konzerte aufzunehmen, das ist schon cool“, sagt Wang zu Apple Music Classical. Es ist auch eine beeindruckende Leistung, wenn man die emotionalen und technischen Anforderungen dieser Werke bedenkt, die Wang mit Bravour meistert – sie hat das Furcht einflößende „Rach 3“ mehr als 70 Mal gespielt. „Jedes Konzert hat eine eigene Farbe, jedes hat seine eigene Stimmung“, sagt sie. „Wenn man sie in einem Zug spielt, merkt man, wie reichhaltig und tief dieses Repertoire ist; jedes Konzert erschafft eine andere Welt – es wird nie langweilig.“ Rachmaninow hat diese Meisterwerke selbst gespielt, und sein Verständnis für die Möglichkeiten des Klaviers kommt in jedem Konzert zum Ausdruck. „Ich liebe den klassischen Ton und die Transparenz seines Spiels“, sagt Wang. „Die Phrasierung ist sehr raffiniert und aufrichtig, und genau das versuche ich hervorzuheben: nicht das klischeehafte, goldene Hollywood-Spiel, sondern die Eleganz, die Noblesse von Rachmaninow.“ Hier nimmt uns Yuja Wang mit auf eine persönliche Tour durch Rachmaninows vier Klavierkonzerte und die „Paganini-Rhapsodie“. Piano Concerto No. 2 Das ist das beliebteste der Rachmaninow-Konzerte und es ist das einzige, das mit dem Klavier beginnt. In den anderen Konzerten lädt mich das Orchester ein. Hier bin ich jedoch ganz allein, und das ist eine tolle Möglichkeit, das Publikum in die Aufnahme hineinzuziehen. Die Melodien sind so herzzerreißend, aber seine Phrasierung und seine Dynamik sind äußerst klassisch. Wenn man sich eingehend mit den Tonartwechseln und der Struktur beschäftigt, erkennt man, wie einfallsreich Rachmaninow ist: Hör dir an, wie die Streicher zu Beginn des zweiten Satzes zwischen verschiedenen Tonarten wechseln, zum Beispiel von c‑Moll nach E‑Dur. Das Konzert ist das erste Werk, das er nach dem Scheitern der Ersten Sinfonie schrieb, und Nicolai Dahl, der Psychiater, der Rachmaninow durch seine Depressionen half, war ebenfalls Bratschist. Deshalb ist das zweite Thema des dritten Satzes für Bratsche geschrieben – und es ist so schön. Piano Concerto No. 1 Rachmaninow hat das erste Klavierkonzert fertiggestellt, als er 18 Jahre alt und Student am Moskauer Konservatorium war. Es ist voll von Chromatik. Der Beginn des ersten Satzes, Vivace, ist sehr episodisch, es ist wie: „Okay, hier haben wir diese kleine Agitato-Stimmung, jetzt kommt eine kleine lyrische Stimmung“, und das macht es extrem anspruchsvoll zu spielen. Der zweite Satz, das Andante, ist wunderbar reflektierend und entwickelt sich voller märchenhafter Farben, während der dritte Satz rhythmisch brillant ist. Rachmaninow überarbeitete das Konzert später, indem er die Texturen veränderte und die Form neu überdachte, und diese spätere Fassung von 1917 spiele ich hier. Piano Concerto No. 4 Auch dieses Stück hat Rachmaninow überarbeitet – die hier hörbare Version ist die letzte, die er geschrieben hat. Aber obwohl er die Texturen vereinfacht hat, ist es immer noch sehr schwer zu spielen. Es stellt hohe Anforderungen an dein Gedächtnis, weil die Ideen so komplex sind und alles offbeat gespielt wird. Man hört den Einfluss von George Gershwin: Es ist fast so, als würde man Jazz spielen. Ein herausragendes Thema für mich ist der Beginn des zweiten Satzes. Es hat einen wiegenden Rhythmus, der an einen Gospelchor erinnert. Es ist so einfach, aber dann nimmt er all diese Tonartwechsel vor und findet die verschiedensten Harmonisierungsmöglichkeiten. Am Ende denkt man: „Wo willst du hin, Rachmaninow?“ Rhapsodie über ein Thema von Paganini Dieses Stück ist kurz, aufregend – und das Publikum liebt es. Mir gefällt es, wie das Thema des mittelalterlichen Dies irae-Klagelieds auftaucht: erst ganz leise auf dem Klavier (in Variation 7) und dann marschierend (in Variation 10), bevor es jazzig und offbeat wird. Und hör dir an, wie sich die Harmonie verändert, bevor sie in die berühmte 18. Variation übergeht, in der das Hauptthema auf den Kopf gestellt wird. Die letzte Variation, Nr. 24, hat so viel Humor mit ihren verspielten Sprüngen auf dem Klavier. Um sich das auszudenken, muss Rachmaninow ein großartiger Improvisator gewesen sein; es hat so eine Spontaneität. Piano Concerto No. 3 Es macht wirklich Spaß, dieses Werk zu spielen – physisch, emotional und psychologisch. Das Stück ist so gut geschrieben, vor allem die Balance zwischen Klavier und Orchester – für mich hat das Konzert Nr. 2 zu viel Orchester; es ist wie eine Sinfonie mit Klavierbegleitung. Im dritten Konzert steht das Klavier im Vordergrund, aber man hört auch, wie es sich in das Orchester integriert. Hör dir zum Beispiel den zweiten Satz an: Jedes Mal, wenn das Soloklavier einsetzt, stört es die friedliche Atmosphäre, die das Orchester geschaffen hat, und es fällt in eine neue Tonart. Es sind Wellen und Wogen verschiedener emotionaler Zustände, fast neurotisch. Im letzten Satz zeigt sich dann wieder die spielerische Seite von Rachmaninow; es ist ein so aufregendes Finale.

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