Von Wegen Lisbeth - Live in der Columbiahalle

Von Wegen Lisbeth - Live in der Columbiahalle

„Dass diese Welt nicht zusammenfällt, liegt nur allein an deinen Beinen.“ Diese Textzeile scheinen die Fans der Berliner Band Von Wegen Lisbeth bei ihren Konzerten wörtlich zu nehmen. Sobald Julian Hölting, Matthias Rohde, Robert Tischer, Dominik Zschäbitz und Julian Zschäbitz die Bühne betreten, ist „Alles Liebe, wenn du tanzt“. Auf ihrer Britz California Tour 2019 spielten sie über 30 Konzerte vor Tausenden von Fans, in teilweise Wochen im Voraus ausverkauften Hallen. Textsichere Zuschauer, extrem ausgelassene Stimmung und eine Band, die durch jahrelange Bühnenerfahrung ziemlich genau weiß, was sie tut, ohne dabei durchgetaktet zu sein – das macht live großen Spaß und ist auch zu Hause sehr gut anzusehen. Im Interview mit Apple Music geben Bassist Julian Hölting und Sänger Matthias Rohde weitere Einblicke ins Tourleben, erzählen von Babykatzen, vergessenen Bandmitgliedern und was bei ihnen Hardcore-Adrenalinschübe auslöst.Am Ende der letzten, langen Tour wart ihr verständlicherweise froh, dass erstmal Ruhe ist. Jetzt ist eure Tour ins Jahr 2021 verschoben. Was denkt ihr aktuell?Matze: „Ist schon supersch**ße und schade.“Julian: „Unser Booker konnte sehr gut in die Zukunft schauen und meinte: ‚Das wird frühestens ab August, September was.‘ Davor kauft auch keiner Tickets. Da dachten wir: ‚Sch**ß drauf. Lass lieber verschieben und das Jahr nutzen, um neue Sachen zu machen und vielleicht mit einer neuen Veröffentlichung eine neue Tour zu spielen.‘ Das hat sich besser angefühlt anstatt darauf zu warten und sich übelst einen abzustrampeln, dass alles noch haarscharf hinkommt. Im Nachhinein glaube ich, das war eine gute Entscheidung.“Könnt ihr gut nichts tun?Julian: „Ich persönlich habe viele Phasen durchgemacht. Am Anfang hatte ich nicht so viele Probleme damit. Mittlerweile suche ich mir relativ sinnlose Beschäftigungen wie Kuchen backen.“Also sinnlos kann man das jetzt nicht nennen.Julian: „Ich leg Matze manchmal ein Stück Kuchen vor die Tür. Die Situation wird immer nerviger: Alle sind zu Hause und haben Bock, zu spielen. Ich habe gute und schlechte Tage, heute find ich’s nicht so schlimm.“Matze: „Ich find’s eigentlich voll ok.“Julian: „Weil du eh so ’n Soziopath bist.“ [lacht]Matze: „Ich finde Langeweile und sich langweilen manchmal voll angenehm. Stört mich überhaupt nicht.“Ihr schreibt viel über Alltagsgeschichten – inspiriert Corona zu neuen Songs?Matze: „Unbewusst auf jeden Fall, weil es Auswirkungen auf unseren Alltag hat und man viel alleine und zu Hause ist.“Im Livealbum zu eurer letzten Tour sieht man, wie am Anfang der Show nach den ersten Takten der Vorhang fällt. Was fühlt ihr in dem Moment auf der Bühne?Julian: „Das ist der wichtigste Moment vor dem Livespielen. Der erste Hardcore-Adrenalinschub. Aber man kann sich noch kurz daran gewöhnen, deswegen finde ich das sehr angenehm. Obwohl es nicht dafür gedacht war – es ist eigentlich nur ein Showelement.“Matze: „Aber ein sehr cooles Showelement. Das hatten früher nur die richtig großen Rockbands. Es war immer unser Traum, mal so einen krassen Vorhang zu haben. Das ist schon sehr, sehr geil.“Gibt es Geschichten von der Tour, an die ihr noch in Jahren denken werdet?Julian: „Einer der legendärsten Momente ist schon ziemlich lange her, als Vorband von den Kantereits [AnnenMayKantereit]. Da haben wir Julian im tiefsten Winter an der Schweizer Grenze vergessen. Wir mussten da anhalten. Robert macht das dann immer mit dem Zoll und ging raus. Alle anderen haben gepennt. Julian ist, ohne jemandem Bescheid zu sagen, pinkeln gegangen. Robert kam zurück und fuhr los. Julian hatte kein Handy und keine Jacke. Er hat bei irgendwelchen Leuten geklingelt und gefragt, ob er das Telefon benutzen kann, um seinen Vater anzurufen. Das war die einzige Nummer, die er auswendig konnte. Der hat uns dann angerufen. [Lacht] Nach zwei Stunden saß er wieder bei uns im Auto. Er hat im Anschluss noch ein Konzert gespielt, war eigentlich ganz geil.“Gab’s Stunk?Julian: „Er war nicht ganz so gut gelaunt. Im Nachhinein findet er es wohl lustiger als in dem Moment. Wir hatten auch ein extrem schlechtes Gewissen, aber nach fünf Minuten haben alle wieder geschlafen.“ [Lacht]Gibt es Songs, die ihr nicht mehr so gern live spielt?Julian: „Alles vom ersten Album oder noch früher ist nicht mehr so der Stand. Aber Klassiker wie ‚Sushi‘ würden wir nie weglassen, weil es einem Konzert einfach gut tut. Trotzdem ist das kein Song, bei dem ich sagen würde: Auf den warte ich das ganze Konzert lang. Das sind eher immer die neuen Sachen.“Was war das auf der letzten Tour?Julian: ‚30 Segways, ein Ferrari‘ zum Beispiel war für uns immer ein Höhepunkt. Vom Publikum wird das vielleicht gar nicht so sehr wahrgenommen. Aber wir schaukeln uns da zu fünft immer ein bisschen hoch.“Welchen Schnickschnack erlaubt ihr euch inzwischen auf eurem Rider?Matze: „Ach, wir sind immer noch relativ solide. Wir hatten mal so eine Phase, da wollten wir testen, ob die Leute den wirklich lesen. Deshalb haben wir Bum Bum Eis und Ayran drauf geschrieben. Manchmal haben wir sogar Bum Bum Eis bekommen.“Was würdet ihr gern noch draufschreiben, traut euch aber nicht?Matze: „Ich hätte schon gern so ‘ne kleine Katze. Keine Mini-Babykatze, sondern eine, die schon so zwei, drei Monate alt ist, die dann immer im Backstage rumchillt. Und dann kann man immer hingehen, die auf den Arm nehmen und kurz streicheln.“ [Lacht]Julian: „Und du musst die jedes Mal mitnehmen und am Ende ist der ganz Bus voll mit Katzenbabys.“Matze: „Nein, eben nicht. Es gibt jeden Tag eine neue. Kann man sich schon mal gönnen.“ [Lacht]Neben Babykätzchen, welche Ziele habt ihr noch für die nächste Zeit?Julian: „Das größte Ziel ist es, auf die Art Tour zu fahren und die Größe zu halten, bei der man sich wohl fühlt – und da eine Routine reinzukriegen. Eine unserer ersten Touren war als Vorband von Element of Crime und die machen das schon seit 30 Jahren mit den gleichen Leuten. Das haben wir als extrem schön wahrgenommen. Fast wie ein Familienurlaub, der alle zwei Jahre stattfindet.“Was ist größer: Euer Ehrgeiz oder euer Talent?Matze: „Ich glaub, so talentiert sind wir gar nicht. Aber so krass ehrgeizig sind wir auch nicht … [Lacht] Schwierig.“Naja … Hauptsache, es läuft, oder?

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